Der Joint-by-joint Ansatz

Nach Gray Cook und Michael Boyle

Gray Cook und Michael Boyle sind im Bereich des Functional Trainings weltweit bekannt. Gemeinsam haben Sie einen Ansatz entwickelt um die Funktion der Gelenke und deren Verletzungsanfälligkeit besser zu verstehen, den sogenannten Joint-by-Joint Ansatz (Gelenk für Gelenk Ansatz).

Nach Cook sind die Gelenke im Körper übereinander gestapelt und jedes Gelenk bzw jede Gelenkgruppe erfüllt eine konkrete Funktion. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben der Gelenke, stellt auch jedes Gelenk unterschiedlche Voraussetzungen an das Training.

Abb. 1: Mobilität und Stabilität der Gelenke

Abb. 1: Mobilität und Stabilität der Gelenke

Betrachtet man die „gestapelten“ Gelenke genauer (siehe Abb. 1), fällt unweigerlich auf, dass sich mobile und stabile Gelenke abwechseln. So sollten die Sprunggelenke mobil, die Kniegelenke stabil, die Hüften mobil usw. sein.

Was bedeutet dies nun für die Praxis?

Viele Sportler und Athleten klagen häufig über Schmerzen im Knie oder im unteren Rücken. Die Ursache für die Schmerzen liegt dabei oftmals jedoch nicht im schmerzenden Gelenk sondern im Gelenk darüber oder darunter. Ist beispielsweise die Mobilität im Sprunggelenk eingeschränkt (u.a. auch „künstlich“ durch Tape Verbände oder hohe Schuhe), muss das Kniegelenk mehr und mehr Aufgaben der Mobilität mit übernehmen. Dies kann über einen längeren Zeitraum zu Überlastungserscheinungen und letztendlich zu Schmerzen oder sogar Verletzungen führen.

Ähnlich verhält es sich mit der Hüfte, wobei dieser eine Sonderrolle eingeräumt werden muss. Das Hüftgelenk muss sowohl mobil als auch stabil sein. Die eingeschränkte Hüftmobilität führt in der Lendenwirbelsäule (LWS) zu Kompensationsbewegungen. Dadurch verliert die LWS nach und nach an Stabilität und die Hüfte immer mehr an Mobilität, welches zu Rückenschmerzen führen kann.

Häufig ist jedoch auch die Hüftumgebende Muskulatur (Gesäßmuskulatur, Beckenboden und unterer Anteil der Bauchmuskulatur) abgeschwächt und kann nicht für die ausreichende Stabilisierung des Hüftgelenks bei einbeinigen Bewegungen (Bsp. beim Laufen die Landephase etc.) sorgen. Dadurch neigt der Oberschenkel zur Adduktion (das Heranziehen einer Gliedmaße zur Körperachse hin) und Innenrotation. Das bedeutet das das Knie in eine X-Beinstellung gezogen wird. Dies wiederum kann zu Fehlbelastungen im Knie und somit zu Schmerzen führen.  

Fazit

Wenn ein Gelenk nicht normal funktioniert, kann es in den darunter oder darüber liegenden Gelenken zu Überbelastungen kommen. Wir sollten also bei Knieschmerzen die Ursachen nicht immer nur im Kniegelenk suchen, sondern auch die Strukturen darüber und darunter betrachten. Da beim funktionellen Training Bewegungen und keine einzelnen Muskeln trainiert werden, lassen sich dabei Kompensationsbewegungen der Trainierenden oftmals schnell erkennen und mit entsprechenden Übungen beheben.

Keine halben Sachen - Eine Liebeserklärung an die Kniebeuge

Gesäß nach hinten schieben und langsam in die Knie gehen und dabei darauf achten, dass die Knie nicht über die Zehenspitzen hinaus ragen. Absenken bis auf Hüfthöhe und STOP (!) wieder zurück und aufrichten. Kommt euch bekannt vor? So wurde und wird leider noch häufig die Kniebeuge gelehrt und man sieht sie so leider massig in Fitnessstudios und im Netz. Doch was da gezeigt wird sind halbe, nennen wir es "Reha" Kniebeuge. Liegt keine Knieverletzung vor, machen halbe Kniebeuge genauso viel Sinn wie halbe Liegestütze oder eine Auto mit 2 Rädern...genau, keinen!

Aber tiefe Kniebeuge sind doch schlecht für meine Knie?

Ein Mythos der sich hartnäckig hält aber aufgrund der Studienlage und der Biomechanik des Körpers widerlegt werden kann. 

Abb. 1 : unlimitierte und limitierte Kniebeuge

Abb. 1 : unlimitierte und limitierte Kniebeuge

Doch widmen wir uns zuerst dem Thema, dass die Knie nicht über die Zehenspitzen hinaus ragen sollen. Eine Studie der University of Memphis (1) hat die Effekte der parallelen Kniebeuge auf Hüfte und Knie in 2 unterschiedlichen Ausführungsvarianten untersucht. Variante A (unlimitierte Kniebeuge): Kniebeuge mit nach vorn geschobenen Knien. Variante B(limitierte Kniebeuge): Die Knie konnten durch eine aufgestellte Holzplatte nicht über die Zehenspitzen hinaus geschoben werden (Abb 1.). 

Die Studie kam zu folgendem Ergebnis: Das Drehmoment (Drehwirkung einer Kraft auf einen Körper) im Knie ist bei der unlimitierten Kniebeuge etwas höher als bei der limitierten Kniebeuge. Das Drehmoment in der Hüfte ist jedoch um mehr als das 10 fache höher als bei der unlimitierten Kniebeuge (vgl. Tab. 1).

Tab. 1.: Drehmoment in Knie- und Hüftgelenken bei unlimitierten (unrestricted) und limitierten (restricted) Kniebeugen

Tab. 1.: Drehmoment in Knie- und Hüftgelenken bei unlimitierten (unrestricted) und limitierten (restricted) Kniebeugen

Da die Knie bei der limitierten Kniebeuge nicht über die Zehenspitzen hinausragen, muss das Gesäß weiter nach hinten geschoben und der Oberkörper weiter nach vorn verlagert werden als bei der unlimitierten Kniebeuge. Dadurch entstehen größere Drehmomente in den Hüftgelenken und im unteren Rücken. 

Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Belastungen auf die Kreuzbänder (vorderes und hinteres Kreuzband) abnimmt, je tiefer die Kniebeuge ausgeführt wird (2). Je mehr das Knie gestreckt wird, desto größer wird die Spannung auf das vordere Kreuzband, bei 90 Grad Beugung ist die maximale Spannung auf dem hinteren Kreuzband. Der oft angesprochene retropatellare Druck (Druck hinter der Kniescheibe) ist ebenfalls bei 90 Grad Kniebeugung am Größten (3). Somit ist die Belastung auf die Kreuzbänder und der retropatelallare Druck im Bewegungsbereich der halben Kniebeuge am Größten!

Immer noch ein Fan der halben Kniebeuge?

Je tiefer die Kniebeuge ausgeführt wird, desto größer ist die Muskelaktivierung der Oberschenkelstrecker. Mit steigender Last und Tiefe der Kniebeuge wird auch die Aktivierung der Hüftstreckmuskulatur gesteigert (4).

Zusammenfassend lässt sich festhalten: die tiefe Kniebeuge ist der parallelen (halben) Kniebeuge in Bezug auf den Trainingsreiz überlegen. Die Muskelaktivierung wird erhöht, die posturale Kontrolle (Fähigkeit, den Körper im Gleichgewicht zu halten) trainiert und das Bewegungsausmaß (range of motion) verbessert. Voraussetzung hierfür ist wie immer eine korrekte Ausführung der Übung.

Also nutzt eure Trainingszeit effektiv und holt das Beste aus eurem Training raus! Sucht euch einen guten Trainer und erlernt die tiefe Kniebeuge! Du hattest oder hast eine Verletzung im Knie? Dann lass dir bitte nach Abklärung der Verletzung beim Arzt alternative Übungen von einem Physio- oder Sporttherapeuten zeigen.

Kniebeugen sind eine der effektivsten Übungen und werden deshalb oft als Königsübung bezeichnet. Also ran an die Hantel!

Viel Erfolg beim Training! 

 

Quellen:

(1) Fry, A. C., Smith, J. C., & Schilling, B. K. (2003). Effect of Knee Position on Hip and Knee Torques During the Barbell Squat. Journal of Strength and Conditioning Research, 17(4), 629-633.

(2) Sakane M, Fox RJ, et al. (1997, Mar). In situ forces in the anterior cruciate ligament and its bundles in response to anterior tibial loads. Journal of Orthopedic Research, 15(2), 285-293.

(3) Hartmann, H., Wirth, K., & Klusemann, M. (2013). Analysis of the load on the knee joint and vertebral column with changes in squatting depth and weight load. Sports Med, 43, 993-1008.

(4) Bryannton MA et al. (2012, Oct). Effect of squat depth and barbell load on relative muscular effort in squatting. The Journal of Strength and Conditioning Research, 26(10), 2820-8.

Was ist eigentlich Funktionelles Training / Functional Training

Ein Aufschrei ging durchs Land, als die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft während der Vorbereitung für die WM im eigenen Land wie Enten watschelnd mit Gummibändern um die Beine gelegt auf dem Trainingsplatz gesichtet wurden. Gymnastische Übungen? Standwaage? Rumgehopse? Viele der 80 Millionen "Bundestrainer" belächelten Jürgen Klinsmann für die Verpflichtung des Athletiktrainers Mark Verstegen und seine Methoden. Ein Amerikaner, der laut eigenen Angaben keine Ahnung vom Fußball hat soll "unsere" Jungs fit machen? Was ist aus den Schleifer-Methoden eines Magath nur geworden?

2004 wurde Mark Verstegen vom DFB verpflichtet und zehn Jahre danach sollte diese Zusammenarbeit seinen Höhepunkt mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 in Rio finden. Das hat dann auch die letzten Kritiker der sogenannten "Gummi-Twist" und "Schwangerschaftsgymnastik" zum Schweigen gebracht. 

Mit funktionellem Training wurde die Nationalmannschaft fit gemacht und vor Allem fit gehalten. 

Eine Funktion ist eine Aufgabe innerhalb eines größeren Zusammenhangs. Als funktionell kann man eine Funktion beschreiben, die normal und nicht gestört ist. 

„Bewegungen, die nur einen einzigen Muskel isoliert beanspruchen, sind als unfunktionell zu bezeichnen. Funktionelle Bewegungsformen integrieren immer mehrere Muskeln und Muskelgruppen gleichzeitig." (Gambetta und Gray, 2002)

Funktionelles Training zielt also darauf ab, Bewegungsmuster zu fördern und fordern, Verletzungen zu reduzieren, die Bewegungssicherheit zu steigern und Kräfte effizient einzusetzen. Egal ob im Alltag oder im Sport, der Mensch bewegt sich stets im dreidimensionalen Raum und muss bewusste und unbewusste Bewegungen koordinieren. 

Beim klassischen Gerätetraining wird eine Bewegung durch das Gerät vorgegeben und der Trainierende sitz meist im oder am Gerät und wird somit durch das Gerät stabilisiert und somit ist die Übung oftmals nicht funktionell.

Klassisches Gerätetraining

Klassisches Gerätetraining

Im Gegensatz dazu werden beim funktionellem Training freie Übungen eingesetzt, bei denen der Körper stabilisiert werden muss und die Bewegungsrichtungen nicht durch Maschinen vorgegeben werden. 

Freies Training an Battle Ropes

Freies Training an Battle Ropes

Welches Übungen und welcher Trainingsaufbau letztendlich funktionell ist hängt u.a. von der ausgeübten Sportart, dem aktuellen Leistungsstand, dem Trainingsziel oder den aktuellen Alltagsanforderung ab. Somit sind manche Übungen für einen Sportler funktionell und sinnvoll, zur gleichen Zeit aber für andere Sportler nicht funktionell. 

Vereinfachend könnte man sagen, dass funktionelles Training Bewegungen schult anstatt isoliert Muskeln zu trainieren. 

 

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